Was du nicht willst, das man dir tu …
Mit einem Glas Tee in der Stille der Berge
Ich saß mit einem Glas Tee in der Hand, umgeben von nichts als Vogelgezwitscher und dem Wind, der durch die Bäume strich. Es war friedlich, und in dieser Stille kam mir ein Satz aus meiner Kindheit in den Sinn:
„Was du nicht willst, das man dir tu, das füg auch keinem andern zu.“
Diesen Satz hörte ich das erste Mal von meiner Oma – als ich wütend war, ein anderes Kind schlagen wollte oder gelogen hatte, um einer Strafe zu entgehen. Heute, viele Jahre später, sehe ich darin etwas Tieferes:
Ist das nicht eigentlich eine andere Formulierung für Karma oder „Du erntest, was du säst“?
Was wäre, wenn wir alle danach leben würden?
Wenn wir diesen einfachen, aber kraftvollen Satz wirklich verinnerlichen würden – gäbe es weniger Streit, weniger Konflikte, weniger Schmerz. Stattdessen mehr Mitgefühl, Verständnis und bewussteres Handeln.
Ein aktuelles Beispiel, das mir oft begegnet: Fremdgehen.
Ist eine Entschuldigung wirklich genug?
Und: Wo beginnt Untreue eigentlich – beim Schreiben, beim Flirten, beim Verheimlichen?
Würde der Mensch, der fremdgeht, es auch einfach so hinnehmen, wenn der Partner dasselbe täte und sich „einfach entschuldigt“?
Solche Dinge passieren nicht einfach. Es ist eine bewusste Entscheidung. Und in diesem Wort steckt auch „Scheidung“. Eine Trennung – vielleicht sogar schon innerlich, bevor sie äußerlich geschieht.
Du kannst niemanden ändern
Wenn ich erkenne, dass ich mich auf jemanden eingelassen habe, der nicht mehr zu mir passt, dann wird es Zeit, ehrlich zu sein – zu mir selbst.
Niemand kann einen anderen Menschen ändern. Veränderung kommt nur von innen heraus.
Und da bin ich wieder bei meinem Satz:
„Was du nicht willst, das man dir tu …“
Möchtest du wirklich von jemandem „verändert“ werden, nur um einem Wunschbild zu entsprechen? Ich jedenfalls nicht. Wir können nicht allen gefallen – und wir gefallen auch nicht allen. Aber bei mehreren Milliarden Menschen auf dieser Erde ist die Wahrscheinlichkeit ziemlich hoch, die Menschen zu finden, die wirklich zu uns passen.
Wenn das innere Kind schreit
Oft zeigen wir mit dem Finger auf andere: „Aber der hat angefangen!“
Das ist kindlich. Doch wir sind keine kleinen Kinder mehr – oder?
In Wahrheit ist es oft unser inneres Kind, das da reagiert. Das Kind, das früher nicht gesehen wurde. Das sich ungerecht behandelt fühlte. Wenn zwei Erwachsene in einem Streit beide innerlich verletzt reagieren, begegnen sich keine reifen Menschen – sondern zwei verzweifelte Kinder.
Wenn du jemanden anschreist, frag dich:
Möchte ich so behandelt werden?
Fehlen mir vielleicht die Worte? Überschwemmen mich Gefühle aus alten Mustern – wie „Ein Mädchen tut so etwas nicht“ oder „Sei doch vernünftig“?
Bewusster leben – innehalten
Es geht nicht darum, alles zu ertragen. Ganz im Gegenteil.
Aber es geht darum, bewusster zu leben. Innezuhalten.
Bevor du handelst – frag dich:
Was will ich wirklich?
Wie möchte ich mich fühlen?
Wie möchte ich anderen begegnen?
Denn so wie du in den Wald rufst, so schallt es zurück.
Oder, wie es so treffend heißt:
Wir sehen die Welt nicht, wie sie ist – sondern wie wir sind.
Abschied ist manchmal der Anfang
Vor über sechs Jahren habe ich erlebt, wie schmerzhaft es ist, zu gehen. Und doch war es der erste Schritt zurück zu mir.
Rückblickend hatte ich schon 20 Jahre zuvor innerlich gekündigt – aber ich bin geblieben. Wegen der Kinder. Aus Angst. In der Hoffnung: „Das wird schon wieder.“
Aber nein – wird es nicht.
Nicht, wenn du dich selbst dabei verlierst.
Ein Abschied mag wehtun – aber dauerhaft zu leiden, ist schlimmer. Dann stirbt etwas in dir, das dich lebendig macht.
Fazit: Es beginnt bei dir
In der Partnerschaft. In Freundschaften. Am Arbeitsplatz.
Alles beginnt bei dir.
Wenn du möchtest, dass man dir mit Respekt begegnet, beginne damit, dich selbst zu respektieren.
Wenn du Ehrlichkeit willst, sei selbst ehrlich – auch in unbequemen Momenten und zu dir selbst.
Wenn du gesehen werden willst, sieh auch dein Gegenüber und dich.
Doch vor allem:
Sieh dich selbst.
Und frage dich ganz ehrlich:
Was willst du wirklich?
Danke für deinen wertvollen Beitrag.
Es kann alles so einfach sein, wenn wir es denn wollen.
Liebe Grüße Luise
Es freut mich, liebe Luise, das dir mein Beitrag gefällt.
Wir können nur bei uns selber beginnen und irgendwann werden wir viele sein.
Liebe Grüße Martina/ Martı Fatma